US-Leitzinsen: Powell signalisiert Zinssenkung: „Die Zeit ist gekommen“

US-Leitzinsen: Powell signalisiert Zinssenkung: „Die Zeit ist gekommen“

Der US-Notenbank-Präsident hat letzte Zweifel an einer bevorstehenden Leitzinssenkung ausgeräumt. Arbeitsmarkt und Inflation signalisieren: Die Zeit sei gekommen. Jetzt geht es nur noch um den Umfang

Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) bereits im Juni mit einer Zinssenkung auf die nachlassende Inflation reagiert hatte, wird die US-Notenbank Federal Reserve wohl bald nachlegen. Deren Präsident Jerome Powell erklärte am Freitag während seiner mit Spannung erwarteten Rede beim jährlichen Notenbank Symposium in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming: „The time has come“ – „Die Zeit ist gekommen“. Es sei nun soweit, die Geldpolitik anzupassen.

50 Basispunkte sind möglich

Damit stehen die Zeichen auf eine US-Leitzinssenkung am 18. September. Powell machte klar, dass er die Geldpolitik lockern werde. Timing und Tempo der Zinssenkungen würden von den bis dahin veröffentlichten Konjunkturdaten, dem Ausblick und der Risikoabwägung abhängen. „Datenabhängigkeit bleibt der Modus Operandi“, sagte Christian Scherrmann, US-Volkswirt der Fondsgesellschaft DWS.

Die US-Währungshüter hatten bereits im Juli über eine Senkung des Leitzinses beraten, den sie seit über einem Jahr in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent halten. Sie scheuten damals zwar noch vor dem Schritt nach unten zurück, fassten jedoch eine Senkung konkret ins Auge. Mit der Datenabhängigkeit wäre eine Kappung des Leitzinses um 50 Basispunkte vorstellbar, der jüngst in die Diskussion gekommen war. Die vom Markt eingepreiste Wahrscheinlichkeit solch eines Schrittes im September stieg nach Powells Aussagen laut CME-Daten 28 auf 32 Prozent.

Typischerweise agieren Notenbanken in Schritten von 25 Basispunkten. Eine Mehrheit der jüngst von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen geht davon aus, dass der Leitzins am 18. September um einen Viertel-Prozentpunkt gesenkt wird: Weitere Schritte nach unten im selben Umfang könnten demnach im November und Dezember folgen.23-08-24 Zinsen und Märkte

Nach Einschätzung von Paul Christopher, Leiter der Abteilung für globale Strategie beim Wells Fargo Investment Institute in St. Louis steht außer Frage, dass die Fed die Zinsen senken wird. „Aber die Frage ist, um wie viel“, sagte er. „Ist das ein Signal, sein gesamtes Bargeld auf den Markt zu werfen? Nein. Die Zinssenkungen werden immer noch schrittweise erfolgen, und der Markt könnte immer noch vorschnell einschätzen, wie schnell die Fed handeln wird.“ Christopher rechnet deshalb für den Rest des Jahres mit höherer Volatilität am Markt.

In einer ersten Reaktion auf Powells Rede legten der US-Aktienmarkt sowie der Goldpreis zu, während die Renditen für Staatsanleihen und der Dollar fielen.

„Was er tat, war, sich sehr auf die Tatsache zu konzentrieren, dass das Inflationsziel in Sicht ist, dass sie sich Sorgen um den Arbeitsmarkt machen, ohne dass dieser sich noch weiter abkühlen muss“, erklärte Steve Englander, Leiter des Währungsresearch bei der Standard Chartered Bank. „Damit öffnet er implizit die Tür für die 50er-Marke, ohne einen Zeitplan dafür zu nennen. Wir glauben immer noch nicht, dass 50 der erste Schritt sein wird, aber es könnte schnell gehen, wenn der Arbeitsmarkt weiter schwächelt.“ Die Commerzbank-Volkswirte rechnen für September unverändert mit 25 Basispunkten.22-08-24 JacksonHole

Die Fed verfolgt ein duales Mandat: ein Inflationsziel von zwei Prozent bei gleichzeitig hoher Beschäftigung. Die EZB hingegen arbeitet nur an der Preisstabilität. In den USA lag die Inflationsrate zuletzt bei 2,9 Prozent, nachdem sie vor rund zwei Jahren über neun Prozent gestiegen war.

Kein Wort zur Politik

Neben der Ankündigung einer Zinssenkung blickte Powell in seiner Rede auf die vergangenen Jahre zurück und erläuterte, warum der Inflationsschock der Jahre 2021/22 von einer Mischung aus Nachfrage- und Angebotsschocks ausgelöst wurde. 

In die weitere Zukunft schaute Powell hingegen nicht, er äußerte sich weder zum US-Präsidentschaftswahlkampf noch allgemein zu politischen Fragen. Er sagte auch nichts zur Unabhängigkeit seiner Institution, die der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump im Fall einer erneuten Wahl beschneiden will. 

Read More

Źródło: Capital.de

Dodaj komentarz